Warum Entscheidungen den Unterschied machen!
Wer weiß schon als Schülerin, was sie will? Vielleicht gibt es Ausnahmen. Diejenigen, die schon immer Tierärztin oder Lehrerin werden wollten und es auch geworden sind. Aber ich hatte keinen Plan.
Liebe Leserin, lieber Leser,
Ich erzähle hier ein Stück meiner Geschichte, um Menschenen wie dir Mut zu machen, den Weg zu sich selbst zu finden.
Ich wuchs behütet am Stadtrand von Hamburg in einer grundsoliden Familie mit klaren Regeln auf. Schulabschluss und Berufsausbildung sind ein MUSS. Wir sind Handwerker. Die Männer machen den Meister und gründen Handwerksbetriebe. Man lässt sich nicht scheiden, verlässt seinen Hamburger Stadtteil nicht und zieht nicht um. Auch nicht, wenn die Wohnung längst zu klein geworden ist. Man ändert seine Meinung nicht wie ein Fähnchen im Wind.
Ich sag es gleich: Ich bin ein Alien in meiner Familie!
Als ich 16 Jahre alt war zog mich meine Mutter aus. Irgendwie war ich wohl anstrengend geworden. Sie hatte eine günstige Wohnung gefunden. Die Miete konnte ich von meinem AZUBI-Gehalt nicht allein stemmen. Also zog ich mit meinem Freund zusammen. Wir hatten 2 AZUBI-Gehälter und kamen zusammen finanziell genau über die Runden inklusive des Luxus eines Kinobesuchs pro Monat.
Naiv?
In meinem jugendlichen Brausebrand verschwendete ich keinen Gedanken daran, was alles hätte schiefgehen können. Ich tat es einfach! So heiratete ich mit 17 meine „erste große Liebe“ und war mit 20 wieder geschieden. War die Heirat eine meiner besten Entscheidungen in meinem Leben? Aber ja! Ich wurde im Affenzahn erwachsen. Dafür brauchen andere bis sie 30 sind!
20, geschieden und jetzt?
Ich explodierte vor Energie und packte alles in wenige Monate: Führerschein, Sprachkurs, allererste Flugreise und neuer Job. Mein Lehrberuf Arzthelferin empfand ich als zu eintönig und zu schlecht bezahlt. So wurde ich einer der jüngsten Restaurant Manager in Hamburg. Die Aufgaben waren viel spannender, weil ich Verantwortung für Umsätze und Personal übernehmen konnte.
Das passierte alles innerhalb von 2 oder 3 Jahren. Ich entdeckte den Knopf „Entscheidungen“ für mich. Eigentlich profan, denn wir alle treffen jeden Tag Entscheidungen:
- Kaufe ich die blaue oder die rote Hose?
- Wechsel ich den Beruf?
- Heirate ich den Mann oder nicht?
Entscheidungen können alles verändern: So konnte ich mich aus der Sackgasse meines schlecht bezahlten Berufs und aus der Enge meiner Ehe heraus manövrieren. Besser noch: Ich konnte mir neue Perspektiven zu eröffnen.
Musste ich verheiratet bleiben, mich klein halten, nur weil ich einmal „ja“ gesagt hatte? Musste ich in einem Beruf bleiben, der keine Entwicklungschancen bot und sich als Sackgasse herausstellte? Warum in einem Stadtteil bleiben, wenn ein anderer ein viel aufregenderes Leben versprach?
Und alle wissen es besser!
Mein Arbeitgeber verstand meine frühe Heirat nicht und vermutete eine ungewollte Schwangerschaft. Ich war nicht schwanger.
Selbst meinen Eltern kam ich zu diesem Zeitpunkt so langsam wohl etwas unstet vor, vermute ich. Zumal ich vom Hamburger Stadtrand ins hippe Eppendorf zog und Wohnformen wie Wohngemeinschaften ausprobierte.
Gleichaltrige, wie ehemalige Mitschüler, wohnten noch zu Hause und lebten vom Taschengeld während ich mir überlegte, wie ich meine Scheidung finanzieren sollte.
Und es brannte ein Fernweh in mir. Ich wollte nach Israel, fand aber niemanden, der mitkommen wollte. Also buchte ich eine Rundreise und flog allein nach Tel Aviv. Es hagelte Kritik von Kollegen, Familie und Freunden. Sie meinten, Israel wäre kein Land, indem man allein reisen sollte. Ich flog in Hamburg zwar allein los, reiste aber in einer kleinen Gruppe durchs gelobte Land. Hey, ich machte es einfach.
Umwelt prägt: Neue Freunde!
Inzwischen lebte ich im Univiertel und mein Freundeskreis bestand überwiegend aus Studenten. Ich fragte mich, warum ich eigentlich nicht studiert hatte.
Ach ja, ich hatte kein Abitur?! Aber wer sucht, der findet alternative Wege. Arbeit und Lernen musste ich vereinbaren, um das Studium zu finanzieren. Zum ersten Mal fiel mir bewusst auf wie viele Wege in Deutschland zum Studium führten. Ich belegte nebenberuflich Vorbereitungskurse, lernte und bestand die Aufnahmeprüfungen an einer Hochschule. Bingo! Ich hatte auf Anhieb den Nummerusklausus geschafft und meinen Studienplatz sicher.
Zu diesem Zeitpunkt wurde ich langsam meiner Familie suspekt. Was, wenn ich das Studium nicht schaffe und für diesen Versuch mit unsicherem Ausgang einen gut bezahlten Job aufgegeben hatte? Tatsächlich hatte ich nicht eine Sekunde daran verschwendet scheitern zu können, weil ich wie ein Hund auf die Wurst konzentriert nur das Diplom vor Augen hatte! Gut so, denn das Studium lief rund. Die Semesterferien nutze ich maximal aus für längere Reisen und zum Ende meiner Zeit an der Hochschule gönnte ich mir noch 3 Monate Mexiko.
Hamburg ist das Tor zur Welt…
Mit meinem Diplom in der Tasche, startete ich eine Karriere im Marketing eines amerikanischen Konzerns nahe der niederländischen Grenze. Selbstredend, dass weder Freunde noch Familie verstanden, warum ich Hamburg verlies. Aber ich wollte über den Tellerrand hinausblicken.
Jahre später, nach massiver Arbeitsüberlastung aufgrund einer Umorganisation zur Verschlankung im Konzern Anfang der 90ziger, steckte ich tief im Burnout. Eine schmerzliche Erfahrung, denn ich lernte, meine Kraft ist endlich. Ich konnte nicht mehr unterscheiden, ob ich lebe, um zu arbeiten oder arbeite, um zu leben.
Gesundheitlich angezählt, verlies ich mit Mitte 30 den Konzern und hatte keinen Plan. Alles wofür ich mich bisher angestrengt hatte, war mir gerade zwischen den Fingern zerronnen.
Was ist wichtig? Worauf kommt es im Leben an?
Auf meinen Asienreisen hatte ich Berührung mit Mönchen, Meditation und spirituellem Leben. Ich las Bücher über die Wirkung von Meditation und suchte mir eine Möglichkeit Meditation zu erlernen. Eine gute Entscheidung, mich selbst besser kennenzulernen und meine Sicht auf die Welt zu überprüfen. Wie gelingt gutes Leben? Was ist Erfolg und ist er ausschließlich in Bereich höher, weiter, besser zu finden?
Schlägt eine Tür zu, öffnet sich eine andere
Zur Genesung kaufte ich mir Hund und Pferd, lernte reiten und machte das Naheliegendste: Ich eröffnete einen Saddle Shop. Mein Hobby wurde mein Beruf. Im benachbarten Bundesland eröffnete ich bald schon eine zweite Filiale. Damit war ich in einer Nische im klassischen Einzelhandel gut aufgestellt.
Als Unternehmerin lernte ich, welche Rolle die Wahl des Geschäftsmodells spielte und was es heißt alles von A bis Z selbst zu machen: Einkauf, Werbung, Messen und Veranstaltungen, Personal, Buchführung und Sortimentsgestaltung neben Kundenkontaktaufbau und -pflege.
Ich gründete zusätzlich einen Versandhandel. Damals, in der Zeit vor dem Internet, brauchte ich dafür noch einen gedruckten Katalog. Auch hier war ich „the-one-and-only“ – veränderte das Sortiment und kümmerte mich um die Distribution. Jeden Abend packte ich selbst die Pakete.
Alles lief gut bis die beiden großen Marktplayer meine kleine Nische für sich entdeckten und mir massiv das Wasser abgruben. Hier gehörte eine Entscheidung hin, die ich jedoch noch 2 Jahre hinauszögerte, bis ich schließlich alles verkaufte.
Neues Spielfeld gesucht
Über meinen Versandhandel stieß ich auf die neu aufkommenden Online Shops und damit auf Software. So kam ich auf die Idee im Software-Vertrieb anzuheuern. Dort machte ich die nächsten Jahre Karriere bis in die Geschäftsleitung und fand meine berufliche Heimat. Ich liebe Kundenkontakte, Bedarf und Problemlösungen sowie Preise und Verhandlungen. Nach Jahren des Teamaufbaus inkl. Training und Coaching der Mitarbeiter passierte etwas Unerwartetes: Ich verlor die Freude an meiner Position. Es ging schwerpunktmäßig nur noch um Verträge und Zahlen. Der Spaß an der Aufgabe war weg. Es wurde Zeit für eine neue Entscheidung.
Lebensabschnitte erfordern auch Entscheidungen
Die Kinder waren längst erwachsen und aus dem Haus. Ich hatte in verschiedenen Bundesländern gearbeitet, d.h. ich war jeweils für den Job umgezogen. Wo wollte ich leben, wenn ich frei wählen könnte? Nach Jahren auf der grünen Wiese vor den Toren großer Städte, wählten wir Potsdam, die vielleicht wasserreichste und schönste Stadt dieser Republik. Berlin hatte ich jetzt sozusagen im Vorgarten.
Privat belegte ich ein Jahr lang die „Masterclass Entrepreneurship“ an der Freien Uni Berlin. Ein Jahr lang neue Ideen tanken und in kreativen Teams an Firmenkonzepten feilen war großartig. Was für eine Gestaltungsfreiheit! So wollte ich arbeiten.
Entscheidung: 3 Jahre später hängte die Industriekarriere an den Nagel. Ich startete erfolgreich als Entrepreneurin durch und unterstütze speziell Unternehmerinnen, die ihr Geschäft entwickeln, automatisieren und skalieren wollen. Frauen liegen mir am Herzen in dieser männerbetonten Geschäftswelt, weil sie auf ihre weibliche Art und Weise ihr Geschäft betreiben sollten. Profitabel, für ein Leben in Freiheit, Freude und Gelassenheit.
Nicht selten war ich auf Management Fortbildungen unter 400 Teilnehmern die einzige Frau. Deshalb habe ich „Frauen ins Rampenlicht“ ins Leben gerufen. Online Kongresse für Frauen, die sie ermutigen, mit ihrer Persönlichkeit ihrem Unternehmer ein Gesicht zu geben.
Hätte ich mir das je träumen lassen?
Heute lebe ich wo es mir gefällt und arbeite vom Homeoffice aus. Ich bin gut vernetzt mit Kollegen und liebe den Austausch. Alles online. Ich denke über sonnige Winter am Mittelmeer nach, denn ich kann überall arbeiten.
Bis hier her war es ein langer Entwicklungsprozess. Mein Antrieb? Neugierde, um herauszufinden was in mir steckt und was ich will. Der 2. Bildungsweg bot mir Möglichkeiten, für die ich meinem Land Deutschland wirklich dankbar bin.
Das ganze Geheimnis besteht aus Energie und Entscheidungen! Der Rest ist TUN. So wie ich im Restaurant gerne neue Speisen probiere. Natürlich schmeckt mir nicht immer alles. Aber ohne zu probieren finde ich meine nächste Lieblingsspeise nicht.
Ich möchte meine nächsten 30 Jahre spannend gestalten und freue mich auf das, was da kommt.
Mein Motto für 2020: Ich bin ich!
So wie du und jede Frau ihre eigene Geschichte hat, die sie besonders und ihre Erfahrungen, die sie einzigartig macht.
Wer weiß, vielleicht ziehe ich noch mal ans Meer. Es ist nur eine weitere Entscheidung!